2024-03-05_RP_Fast drei Milliarden Euro Verlust – Bayer verschiebt die Aufspaltungs-Frage

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  • Zuletzt aktualisiert 05/03/2024

2024-03-05_RP_Fast drei Milliarden Euro Verlust – Bayer verschiebt die Aufspaltungs-Frage

2024-03-05_RP_Fast drei Milliarden Euro Verlust – Bayer verschiebt die Aufspaltungs-Frage

Fast drei Milliarden Euro Verlust – Bayer verschiebt die Aufspaltungs-Frage

Leverkusen · Die Revolution in Leverkusen fällt aus: Bayer will später über eine mögliche Aufspaltung entscheiden und die Sparten erst profitabler machen. Dabei soll der Stellenabbau helfen. Bei den Glyphosat-Klagen versucht der Konzern einen neue Strategie. Anleger reagierten enttäuscht.

 
05.03.2024 , 08:05 Uhr  

Die Erwartungen waren hoch. Seit Monaten hat Bayer-Chef Bill Anderson Anleger und Mitarbeiter auf den 5. März verwiesen. Nun hat er am Tag der Bilanz-Veröffentlichung den Vorhang gelüftet - und zu sehen ist wenig: Die Revolution fällt aus, eine grundlegende Strategie-Entscheidung wird verschoben: Die Antwort auf die Frage nach der künftigen Struktur und einer möglichen Aufspaltung des Konzerns laute „nicht jetzt“, erklärte Anderson. „Natürlich werden wir für alles offenbleiben. Jetzt liege unser Hauptaugenmerk jedoch auf der Steigerung unserer Performance und der Schaffung strategischer Flexibilität.“ Dass die Bilanz-Veröffentlichung in London und erstmals nicht in Leverkusen stattfand, sehen manche als Zeichen, wie wenig der Heimat-Standort noch interessiert. London soll aber die Ausnahme bleiben.

Wie ist die wirtschaftliche Lage?

Bayer rutscht tief in die roten Zahlen. Das Konzernergebnis belief sich auf minus 2,9 Milliarden Euro. Vor einem Jahr waren es noch plus 4,2 Milliarden Euro. Die Sonderaufwendungen schlugen mit 6,9 Milliarden Euro ins Kontor. Der Gewinn vor Steuern (Ebitda) sank um 13,4 Prozent auf 11,7 Milliarden Euro, teilte Bayer am Dienstag mit. „Der Konzernumsatz verringerte sich im vergangenen Jahr um 1,2 Prozent auf 47,7 Milliarden Euro. Fast 50 Milliarden Euro Umsatz, aber null Cashflow – das ist einfach nicht akzeptabel“, hatte Anderson schon nach dem dritten Quartal gesagt.

Wie sieht die neue Strategie aus?

Darüber will Bayer später entscheiden, nun sollen die Sparten erst einmal profitabel gemacht werden. Im Vorfeld gab es diverse Forderungen: Manche Investoren brachten die große Aufspaltung in Spiel - also die Trennung von Pharmasparte (40 Prozent der Beschäftigten) und Pflanzenschutz Crop Science (34 Prozent). Andere forderten die kleine Aufspaltung, also die Trennung der Aspirin-Sparte Consumer Health, die rezeptfreie Arznei herstellt (elf Prozent). Durch eine Spaltung erhofft man sich den Wegfall des Konglomeratsabschlags, mit dem die Börse Mischkonzerne bedenkt.

„Wir haben drei starke Divisionen. Aber an vier Stellen gibt es dringenden Handlungsbedarf“, sagte Anderson mit Blick auf die schwächelnde Pharma-Pipeline, auf die Klagen wegen Glyphosat und PCB, den hohen Schuldenstand sowie die hierarchische Bürokratie. Im Kampf gegen die Glyphosat-Klagen will es Bayer nun mit einer anderen Strategie versuchen: „Jedes negative Urteil werden wir anfechten. Aber es ist klar, dass eine Verteidigungsstrategie allein nicht ausreicht“, erklärte Anderson. „Wir betrachten das Thema aus allen Blickwinkeln, innerhalb und außerhalb der Gerichtssäle. Dazu gehört auch eine intensivere Zusammenarbeit mit anderen Akteuren im Bereich der Politik.“ Das kann etwa bedeuten, dass Bayer in den USA nun versucht, per Lobbying etwas zu erreichen. Sollte Donald Trump die Wahl gewinnen, dürfte das leichter fallen. „Eine neue Strategie bei den Glyphosat-Klagen tut not. Die Politik und den Gesetzgeber in den USA davon zu überzeugen, Bayer zu verschonen, nachdem schon Milliarden geflossen sind, ist aber ein arg dickes und langwieriges Brett“, meint Marc Tüngler, Chef der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).

Wie reagieren die Anleger?

Wie geht es beim Stellenabbau weiter?

Bayer hat im Zuge des Organisationsmodells „Dynamic Shared Ownership“ (DSO) einen „erheblichen Personalabbau in Deutschland“ angekündigt, will die Zahl aber erst am Ende des Prozesses nennen. Im Konzern heißt es, dass Tausende Stellen wegfallen könnten, manche nennen 30 Prozent der Manager-Stellen. Bayer hat 17.000 Führungskräfte, das wären dann 5000 Stellen. Bayer hat den Kündigungsschutz bis Ende 2026 verlängert, ab 2027 sind betriebsbedingte Kündigungen in Deutschland möglich. „Kosteneinsparungen werden das Ergebnis sein, nicht das Ziel. DSO wird durch Kundennähe und Innovation das Wachstum stärken“, sagte Anderson dazu. Bayer wolle ab 2026 jährlich zwei Milliarden Euro an Organisationskosten einsparen. Arbeitsdirektorin Heike Prinz ergänzte: „In einigen Bereichen haben wir heute zwölf Ebenen zwischen Bill und unseren Kunden. Unsere Zielgröße sind fünf bis sechs Ebenen im gesamten Unternehmen.“

Welche Abfindungen gibt es?

Die Abfindungsangebote sind weniger großzügig als früher, aber noch immer sehr gut: Beschäftigte bis 56 Jahre erhalten das 1,2-Fache eines Bruttomonatsgehalts multipliziert mit den Dienstjahren. Wer sich binnen sechs Monaten entscheidet, kommt in den Genuss von Faktor 1,5. Maxmal sind 52,5 Monatsgehälter möglich.

Wie viel Dividende zahlt Bayer noch?

Bayer will für die nächsten drei Jahre radikal die Dividende kürzen. So soll es für 2023 nur noch elf Cent je Aktie geben. Für 2022 hatte Bayer noch 2,40 Euro gezahlt. Für drei Jahre will der Konzern nur noch das gesetzliche Minimum ausschütten, hatte er unlängst erklärt. Für das Jahr 2023 ergäbe sich daraus eine Dividende von elf Cent. Vorstand und Aufsichtsrat schlagen dies der Hauptversammlung am 26. April vor. Ein Einschnitt: Seit Jahren hat Bayer stets zwei Euro und mehr gezahlt.

Quelle: https://rp-online.de/wirtschaft/unternehmen/bayer-verschiebt-die-aufspaltungs-frage_aid-106969269#Echobox=1709624258

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